„Nur erst, wenn dir die Form ganz klar ist, wird dir der Geist klar werden.“ – Zum grundgesetzlichen Gebot der Normenklarheit

in: Juristische Arbeitsblätter (JA) 2015, Heft 2, S. 81-86

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Das Gebot der Normenklarheit ist ein wichtiger Grundsatz des Verfassungsrechts. Es ist nicht nur ein scharfes Schwert gegen mangelhafte Rechtsbefehle, sondern prägt auch unser Verständnis von den verhaltenssteuernden Wirkmechanismen des Rechts. Vor allem das Bundesverfassungsgericht hat zum Gebot der Normenklarheit eine differenzierte Kasuistik herausgebildet, die sich auf das Rechtsstaatsprinzip stützt. Diese Kasuistik und ihre Herleitung erlauben zwar plausible Einzelfallentscheidungen, sie eignen sich aber kaum zur Entwicklung einer systematisierenden Dogmatik des Gebots der Normenklarheit. Verortet man das Gebot der Normenklarheit dagegen im Gewaltenteilungsprinzip, so ermöglicht dies die Ausarbeitung konkreter Kriterien zur Beurteilung der Klarheit einer Norm – und steht zugleich im Einklang mit einer realistischeren Perspektive auf die Wirkmechanismen des Rechts.