in: Jahrbuch für Ostrecht (JOR), Band 45 (2004/1), S. 89 – 102
Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit sind Werte, deren Potenzial seit einiger Zeit auch in der Volksrepublik China von der Regierung erkannt wird. Bereits die Verfassung von 1991 garantiert in gewissem Umfang Rechtsschutz gegen den Staat. Der Aufsatz stellt dar, wie dieses Verfassungsversprechen einfach-gesetzlich umgesetzt wird. In Ermangelung eines allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes kommen dem Verwaltungsprozessgesetz von 1989, das den gerichtlichen Rechtsschutz regelt, und dem Verwaltungsberatungsgesetz von 1999, welches das Widerspruchsverfahren zum Gegenstand hat, zentrale Bedeutung zu. Die zahlreichen Lücken des Gesetzesrechts füllt das Oberste Volksgericht mit quasinormativen “Ansichten” und “Erläuterungen”. Der Blick in die Praxis zeigt, dass die größten Mängel nicht mehr im normativen Bereich liegen, sondern vielmehr in einem Anwendungsdefizit zu Lasten des Bürgers. Hiergegen besitzen die zentralen Institutionen in Peking nur begrenzte Handhabe.