Das Magazin »brand eins« berichtet in seinem Themenheft “Wirtschaftskanzleien” (Ausgabe 16, Mai–Juli 2020) ab S. 16 unter anderem über das Jura-Staatsexamensstudiengang an der EBS-Universität:
Selbst richtige Reformen und Reformer gibt es hier und da. Zum Beispiel an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht bei Wiesbaden. Emanuel Towfigh, der dort Jura lehrt, fordert: „Wir müssen endlich das in die universitäre Praxis holen, was die Kognitionswissenschaften seit Jahrzehnten in immer neuen Studien über erfolgreiches Lehren und Lernen zeigen.“ So gilt in seinen Vorlesungen zum Beispiel die „No Screen Policy“: „Es gibt Empirie satt, dass die Aufmerksamkeit höher ist, wenn die Studierenden nicht hinter ihren Rechnern kauern, sondern mit ihrem Dozenten sprechen“, sagt Towfigh. Auch Methoden wie „Blended Learning“, das Präsenzveranstaltungen und E-Learning kombiniert, oder „Flipped Classroom“, wo Studierende stärker selbst entscheiden, was, wo und wie viel sie lernen, gehören zum didaktischen Repertoire, das der Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät nutzt.
Der radikalste Schritt wird an der EBS zum Wintersemester 2020 vollzogen. Ab dann sollen die verschiedenen Fach- und Themenbereiche nicht mehr in kleine Häppchen über 15 Wochen verteilt, sondern in kompakten fünfwöchigen Blöcken gebündelt werden, die jeweils mit einer Klausur abschließen. „Geballte Prüfungsphasen am Ende eines Semesters, begleitet vom berüchtigten Bulimie-Lernen, sind damit Vergangenheit“, sagt Towfigh. „Die Prüfungslast verteilt sich gleichmäßig auf die Studienzeit, die Studierenden bekommen Prüfungsroutine, lernen gleichmäßiger, mehr und mit höherer Motivation.“
Weil die große Mehrheit der Absolventen an der privaten EBS – deren Studiengebühren für acht Semester Jurastudium etwa 60 000 Euro betragen – direkt in die großen Wirtschaftskanzleien wechselt, hat das Jurastudium mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht von Anfang an auch relevante betriebswirtschaftliche Anteile. „Wir bilden Juristen aus, keine BWLer, aber wir vermitteln grundlegendes wirtschaftliches Wissen, das im klassischen Jurastudium bis heute nicht vorgesehen ist“, sagt Towfigh.
Neben wirtschaftlichem Know-how brauchten Juristen in Wirtschaftskanzleien aus seiner Sicht zunehmend Schnittstellen-Kompetenzen: „Digitalisierung und Internationalisierung verändern die Geschäftsmodelle der Kanzleien und die Arbeit ihrer Anwälte dramatisch“, beobachtet Towfigh. Bestimmte Geschäftsprozesse würden immer häufiger automatisiert erledigt, etwa durch Vertragsgeneratoren. Die Volljuristen würden dadurch nicht überflüssig, aber sie brauchten zusätzliche Kenntnisse über IT und Datenbanken, Algorithmen und Datensicherheit.